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Give-aways an Patienten: Was bei der Vergabe zu beachten ist

Eine kompetente Behandlung, freundliches Personal und hervorragender Service ebnen den Erfolg einer Praxis. Darüber hinaus fühlen sich Patient*innen in besonderer Weise gesehen und wertgeschätzt, wenn sie zum Beispiel nach einer Prophylaxesitzung und der Vergabe des Recalltermins noch eine kleine Tube Zahnpasta für die Mundhygiene daheim mitnehmen können. Solche Give-aways werden zumeist positiv wahrgenommen und sind ein wirksames Instrument der Patientenbindung. Allerdings muss die Zahnarztpraxis bestimmte rechtliche Aspekte bei der Vergabe von Werbeartikeln beachten, um nicht gegen geltendes Berufsrecht zu verstoßen

In der Marktwirtschaft ist es üblich, dass Kund*innen auf digitalem oder direktem Weg kleine Werbeartikel zugesandt oder mitgegeben werden, um das Unternehmen, eine Marke oder ein bestimmtes Produkt in positiver Erinnerung zu halten. Ein so freier Umgang ist im Gesundheitswesen jedoch nicht möglich. Die Vergabe von Werbeartikeln oder Give-aways unterliegt hier besonderen Richtlinien, denn: Werbemaßnahmen dürfen nicht gegen die Berufsordnung verstoßen. In der Zahnmedizin gelten in diesem Zusammenhang die Bestimmungen der Berufsordnung der Zahnärzte (Marktverhaltensregel) sowie § 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Der folgende Artikel stellt dar, welche rechtlichen Bedenken eine Zahnarztpraxis beachten muss, wenn Patient*innen nach der Behandlung ein Give-away angeboten wird.

Allgemeine Bestimmungen

Das zahnärztliche Berufsrecht setzt der Werbung durch Zahnmediziner*innen Grenzen, um die Kommerzialisierung des Berufs und die unsachliche Beeinflussung der Patient*innen zu verhindern. Damit soll sichergestellt werden, dass Behandler*innen nicht aus einem Gewinnstreben heraus bestimmte Untersuchungen vornehmen oder Medikamente verordnen. Grundsätzlich ist zu beachten, dass nach der Berufsordnung der Zahnärzte (vgl. § 21 Abs. 1 der Musterberufsordnung) nur eine berufsbezogene sachliche Werbung zulässig ist. Berufswidrig hingegen ist insbesondere eine anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung. Ein Verstoß gegen eine Bestimmung der Berufsordnung (Marktverhaltensregel) ist zugleich eine Verletzung von § 3a des UWG.

Image-/Sympathiewerbung vs. Produktwerbung

Gerade im Zeitalter von Social Media sind Bewertungen und Mundpropaganda entscheidend für den Ruf einer Zahnarztpraxis. Egal, ob auf gängigen Bewertungsportalen, auf Facebook, Instagram und Twitter, Patient*innen tauschen sich über ihre Erfahrungen in der Praxis aus. Gleichzeitig können Praxen durch positives Feedback auffallen und so neue Patient*innen gewinnen. In diesem Zusammenhang können Praxen durch die Vergabe von Give-aways das Patientenerlebnis eines Zahnarztbesuches positiv abrunden. Entscheidend ist hierbei jedoch, dass die kleinen Geschenke an Patient*innen einen möglichst neutralen Charakter haben und nicht die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Therapie bzw. ein bestimmtes Medikament beeinflussen. Es geht hierbei in erster Linie um das Stärken der Patientenbindung. Im Rahmen der Werbung durch Zahnmediziner*innen wird zwischen der sogenannten Image-/Sympathiewerbung und der Produktwerbung unterschieden.

Zulässige Image-/Sympathiewerbung

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft – dieser Satz gilt auch für die Zahnarztpraxis. Wenn Zahnmediziner*innen beispielsweise zum Zwecke der Patientenbindung Image-/Sympathiewerbung betreiben, dann ist das Verschenken kleiner Werbeartikel oder Give-aways zulässig. Diese Gegenstände können in der Praxis ausgelegt bzw. verteilt werden und sollten das Logo bzw. den Namen der Praxis tragen. Vorstellbar sind hier Kleinigkeiten wie z. B. Kugelschreiber oder Kaugummis.

Werbung i. S. d. HWG

Bei einer produkt- oder leistungsbezogenen Werbung, die außerhalb der Image-/Sympathiewerbung liegt, kann der Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) eröffnet sein. Dieses Gesetz regelt den Rechtsrahmen für die Werbung für Heilmittel. Die Vorgaben sind insbesondere im Zusammenhang mit der Werbung für Verfahren und Behandlungen zur Erkennung, Beseitigung und Linderung von Krankheiten von Bedeutung.

„Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 HWG ist es grundsätzlich unzulässig, Patient*innen Zuwendungen und sonstige Werbegaben zu gewähren“, erklärt Rechtsanwältin Caroline Kühns von der Hamburger Kanzlei Dr. Matzen & Partner mbB. „Dabei bezieht sich das Verbot des § 7 HWG auf eine produkt- oder leistungsbezogene Absatzwerbung in Bezug auf Heilmittel. Eine ‚Werbegabe‘ im Sinne des § 7 HWG erfasst jede unentgeltliche Vergünstigung, die im Zusammenhang mit der Werbung für ein bestimmtes oder mehrere konkrete Heilmittel gewährt wird.“

Von der grundsätzlichen Unzulässigkeit heben sich laut § 7 Abs. 1 Nr. 1 – 5 verschiedene Ausnahmen ab. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG sind Werbegaben zulässig, wenn es sich um geringwertige Gegenstände handelt, die einen dauerhaften und deutlich sichtbaren Werbeaufdruck aufweisen. Maßgeblich ist dabei nicht der Herstellungs- oder Anschaffungswert, sondern der objektive Verkehrswert, den die Werbegabe im Allgemeinen bei Patient*innen hat. Neuere Rechtsprechungen zu Wertgrenzen sind aktuell kaum vorhanden, geringe Eurobeträge sollten aber wohl nicht überschritten werden. Ebenfalls zulässig sind geringwertige Kleinigkeiten, also Gegenstände von so kleinem Wert, dass eine relevante, unsachliche Beeinflussung der Patient*innen ausgeschlossen scheint. Hat eine Praxis also beispielsweise einen Schwerpunkt auf Kinderzahnmedizin, können etwa Luftballons, Schreib- oder Malstifte an die kleinen Patienten verteilt werden. Hierbei gilt das Erfordernis des Werbeaufdrucks nicht. Die Rechtsprechung setzt eine Wertgrenze von circa einem Euro pro Produkt an.

Abgrenzung im Einzelfall

Die Abgrenzung zwischen der Image- und Produktwerbung kann im Einzelfall schwierig sein und muss stets individuell geprüft werden. Dabei muss geklärt werden, ob bei der Werbung nach ihrem Gesamterscheinungsbild die Darstellung der Praxis oder aber die Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierbarer Produkte im Vordergrund steht.

Einschränkung durch das Berufsrecht

Darüber hinaus ist zu beachten, dass es Zahnmediziner*innen berufsrechtlich untersagt ist, ihre zahnärztliche Berufsbezeichnung für gewerbliche Zwecke zu verwenden oder ihre Verwendung für gewerbliche Zwecke zu gestatten (vgl. § 21 Abs. 4 der Musterberufsordnung). Dadurch soll das Vertrauen der Patient*innen in die zahnärztliche Unabhängigkeit geschützt werden. Bei der Abgabe von fremden Produkten ist daher immer Bedacht und Vorsicht geboten und im Einzelfall zu prüfen, ob darin eine berufswidrige Werbung für Dritte liegt.

Fazit

Das Image der Praxis bzw. die Patientenbindung zu stärken, liegt im Interesse jeder Praxisleitung. In der heutigen Wettbewerbslandschaft kommen Zahnmediziner*innen ohne eine entsprechende Bewerbung ihrer Praxis kaum noch aus. Eine zusätzliche Unterstützung durch kleine Give-aways vor Ort ist zwar effektiv, allerdings nicht uneingeschränkt möglich. Daher sollte die Zulässigkeit der Vergabe von Werbeartikeln an Patient*innen bei jedem Produkt im Einzelfall und im jeweiligen Kontext immer geprüft werden – nur so vermeidet die Praxis unnötigen Ärger mit dem Gesetz, der dann auch das Patientenvertrauen gefährdet.

Für weitere Information zu diesem Thema steht die Hamburger Kanzlei Rechtsanwälte M&P Dr. Matzen & Partner zur Verfügung: www.matzen-partner.de

Mit freundlicher Genehmigung der OEMUS MEDIA AG

Beitrag erschienen in: ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis, Ausgabe 9-2021